Vorvertrag

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Der Vorvertrag im Immobilienkauf: Rechtliche Verbindlichkeit zwischen Absicht und Verpflichtung

Im Vorfeld eines Immobilienkaufs kommt es häufig zu weitreichenden Verhandlungen. Um eine grundsätzliche Einigung zwischen Käufer und Verkäufer rechtlich abzusichern, greifen viele auf den sogenannten Vorvertrag zurück. Dieser rechtlich bindende Schritt dokumentiert die beiderseitige Kaufabsicht und schafft Verlässlichkeit – jedoch nicht ohne rechtliche und praktische Fallstricke.

Begriff und Zweck des Vorvertrags

Ein Vorvertrag ist eine verbindliche Absichtserklärung, die den Abschluss eines künftigen Hauptvertrags – in diesem Fall eines notariell beurkundeten Immobilienkaufvertrags – festlegt. Er enthält die wesentlichen Bedingungen des späteren Kaufgeschäfts, wie Kaufpreis, Objektbeschreibung, Fristen und weitere vertragliche Grundlagen. Anders als eine bloße Reservierungsvereinbarung verpflichtet der Vorvertrag beide Parteien zur Durchführung des Hauptvertrags zu den vereinbarten Konditionen – sofern alle Voraussetzungen eintreten.

Formvorschrift und rechtliche Wirksamkeit

Grundsätzlich unterliegt auch der Vorvertrag bei Immobiliengeschäften der notariellen Beurkundungspflicht gemäß § 311b Abs. 1 BGB. Ein mündlich oder schriftlich abgeschlossener Vorvertrag ohne notarielle Form ist daher regelmäßig nichtig. Auch wenn in der Praxis mitunter formlose Vorverträge oder schriftliche Kaufabsichtserklärungen kursieren, entfalten diese ohne Beurkundung keine rechtliche Bindungswirkung.

Die notarielle Beurkundung dient hierbei nicht nur der Formwahrung, sondern auch der rechtlichen Aufklärung über Konsequenzen, Rücktrittsmöglichkeiten und mögliche Schadensersatzforderungen bei Vertragsbruch.

Inhalte eines Vorvertrags

Ein professionell ausgearbeiteter Vorvertrag umfasst folgende Mindestbestandteile:

  • Identifikation der Vertragsparteien
    Vollständige Angaben zu Käufer und Verkäufer, inklusive Legitimation und ggf. Vertretungsverhältnissen.

  • Exakte Objektbezeichnung
    Grundstücksadresse, Flurstücksnummer, Grundbuchdaten, gegebenenfalls Beschreibung von Gebäude, Stellplätzen, Zubehör oder Miteigentumsanteilen.

  • Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten
    Festlegung des Kaufpreises, Fälligkeit, eventuelle Anzahlung oder Sicherheitsleistung.

  • Bindungsfrist
    Termin, bis zu dem der notarielle Hauptvertrag geschlossen werden soll.

  • Rücktrittsvorbehalte und aufschiebende Bedingungen
    Etwa bei Finanzierungszusage, Baugenehmigung, Zustimmung Dritter oder Klärung von Lasten im Grundbuch.

  • Vertragsstrafe oder Schadensersatzregelung bei Nichterfüllung
    Häufig wird vereinbart, dass bei schuldhaftem Rücktritt oder Nichtabschluss des Hauptvertrags eine pauschale Entschädigung zu zahlen ist.

  • Auflassungsvormerkung und Exklusivität
    Möglich ist auch die Vereinbarung, dass der Verkäufer während der Bindungsfrist das Objekt nicht anderweitig veräußert.

Abgrenzung zu anderen Vorformen

Nicht zu verwechseln ist der Vorvertrag mit der Reservierungsvereinbarung, wie sie häufig von Maklern angeboten wird. Diese ist regelmäßig unverbindlich, sofern sie nicht notariell beurkundet wurde, und dient lediglich der befristeten Herausnahme der Immobilie aus der Vermarktung.

Auch Absichtserklärungen („Letter of Intent“) oder unverbindliche Kaufangebote haben keine bindende Wirkung. Ein echter Vorvertrag hingegen begründet einen einklagbaren Anspruch auf Abschluss des Hauptvertrags – sofern er den gesetzlichen Formerfordernissen genügt.

Risiken und Sicherungsmechanismen

Der Vorvertrag birgt rechtliche Risiken für beide Seiten: Käufer, die etwa bei der Finanzierung scheitern, können schadensersatzpflichtig werden; Verkäufer, die trotz Vorvertrag anderweitig veräußern, machen sich ebenfalls haftbar. Umso wichtiger ist eine sorgfältige Prüfung und rechtssichere Gestaltung unter Einbindung eines Notars oder Fachanwalts.

Darüber hinaus kann zur Absicherung des Käufers eine Vormerkung im Grundbuch beantragt werden, die verhindert, dass die Immobilie zwischenzeitlich an Dritte übertragen wird. Diese Auflassungsvormerkung wird allerdings in der Praxis meist erst im Rahmen des Hauptvertrags beantragt. (A.de)

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